Kurzgeschichten
Das Reh und die Straßenbahn
(Sabine Mehne 2006)
....Ein Auto hatte Laura seit dem Unfall nicht mehr angerührt. Von dem grünen Polo, den sie von ihrem Stiefvater zur bestandenen Prüfung als Versicherungskauffrau geschenkt bekommen hatte, war nur noch ein Haufen Blech übrig. Nur der Aufkleber des Vorbesitzers, „Ich bremse auch für Tiere“ hatte nicht die geringste Macke abbekommen. Auf dem Polizeifoto stach er ihr ins Auge und hatte sich tief in ihre Erinnerung eingegraben...
Zur Kurzgeschichte
Der Chefarzt
(Sabine Mehne 2006)
...Walter sammelt Beipackzettel von Medikamenten. Diese klein gefalteten, dicht bedruckten, dünnen Papiere fummelt er aus jeder Packung, streicht sie sorgfältig glatt, liest sie stundenlang, locht sie und heftet sie alphabetisch geordnet ab. Walter ist nicht krank, jedenfalls nicht ernsthaft. Ihn quälen häufig Blähungen. Als Single lebt er in einem Hochhaus am Stadtrand...
Zur Kurzgeschichte
Er rief nach ihr
(Sabine Mehne 2011)
...Jeden Tag, egal wie viel Zeit sie bei ihm verbracht hatte, rief er nach ihr. Sein Rufen war sehr unterschiedlich, mal fordernd und drängend, mal zärtlich und dankbar. Das erinnerte sie oft an das vielfarbige Fenster in der kleinen Kirche auf dem Hügel mitten in der Toskana, wo sie einen ihrer schönsten Urlaube verbracht hatten. In den letzten Wochen war sein Rufen fahl geworden, aber...
„Fertig sind wir nie. Es bleibt immer etwas ungetan.“
(Sabine Mehne)
